… vor einer kleinen Pension an einem noch kleineren See: Claude, Werner, Birgit, Bernd und ich. Von strahlendem, italienischem Frühlingswetter fehlt noch immer jegliche Spur. Wir freuen uns aber trotzdem, denn gestartet haben wir unsre Autos bei romantischem Schneefall – hier regnet und schneit es zumindest nicht.
Kurze Zeit später weiht uns Claude in den Tagesplan ein, der neben 2 Trails auch einige interessante Denksportaufgaben bezüglich des Shuttleplans beinhaltet. Kurz die Gehirne malträtiert und schon sitzen 5 Räder und 6 Leute im Südtiroler Weintaxi auf dem Weg nach oben. Der Fahrer erweist sich als sportlicher Draufgänger, der – offenbar nicht seinen eigenen – VW Bus gekonnt über Stock und Stein jagt und Fahrverbotsschilder eher als Einladung betrachtet. Ausgeruht steigen wir bei bitterkalten 0°C inmitten von frischen und weniger frischen Schneeresten aus und kurbeln ein paar Meter bis zum Traileinstieg.
Der Trail liegt südseitig, ist komplett schneefrei und auch die Temperaturen steigen allmählich.
Die großen fahrtechnischen Ansprüche konzentrieren sich leider auf wenige Stellen, vor denen ich mich gekonnt mit dem Hinweis auf meinen lenkwinkelunfreundlichen, da zu langen Ersatzdämpfer drücken kann.
Der Rest geht flowig über viele Spitzkehren (die mit dem langem Dämpfer nur so flutschen) durch den Wald.
Der Weg wird immer schneller, Werners Gesicht wird immer länger,
und so kommen wir recht bald am schlussendlich doch passend geparkten Auto an.
Nützt uns aber nichts denn die 2. Tour wird eine reine Muskelrunde, das Auto ist nur für die Rückfahrt in der Ebene gedacht – immerhin haben mehr als die Hälfte der Truppe vorne nur ein 22er Kettenblatt.
Also flux die Räder geschultert, nachdem wir nicht ganz so flux den Startpunkt des Weges gefunden haben und schon gehts hinauf. Wir benutzen bergauf und bergab denselben Weg und können somit schon beim Aufstieg die interessanten Stellen begutachten. Da wir relativ schnell oben sind, beschließen wir uns dafür bergab sehr viel Zeit für Fotos und Herumprobiererei zu nehmen.
Keine der Stellen ist wirklich extrem, sie bieten oftmals aber völlig verschiedene, interessante Linien. So kompensieren wir die fehlenden Höhenmeter durch das oftmalige Antragen der einzelnen Stellen, tüfteln und coachen an Linien und Claude findet einige interessante Perspektiven für die Fotos.
So verrinnt die Zeit. Während es sich die anderen abends in der Pension gemütlich machen, suche ich mir mit meinem Auto ein laues Fleckchen, um die Übernachtungsfähigkeiten zu testen.
Am nächsten Morgen treffen wir uns wieder vor der Karte, einigen uns aber nach langem hin und her auf Kohlern – Birgit und Claude müssen am frühen Nachmittag nämlich schon wieder abreisen – während Werner und Bernd danach noch einen Muskelpower-Gipfel auf der Rückfahrt mitnehmen wollen.
Am Parkplatz der ersten alpinen Luftseilbahn für Personentransport erwartet uns ein völlig anderes Bild, als wir üblicherweise zu Tourenstart gewohnt sind: Der ganze Parkplatz ist gerammelt voll mit Fahrradfahrern. Jeder skateboardbesneakerte Jüngling stellt ein noch bunteres Downhillbike in die Sonne (die übrigens heute wieder scheint) als der Jüngling neben ihm – Schutz gegen die grellen Farben bieten ihnen lediglich die ebenfalls sehr bunten Schirmmützen.
Gottseidank konzentrieren die sich auf die flowigen Strecken, während wir uns um den technischen Weg unter der Lifttrasse kümmern wollen. Werners Bedenken, dass der Weg wieder zu einfach werden könnte, räumen schon
die erste Spitzkehren aus:
Der Boden ist gefroren, die Verbindung zwischen den beiden Kehren ist abgerutscht, gerade noch passierbar aber vereitelt die Versuche, die so schon fragwürdig fahrbare 2. Kehre zu probieren. Ein paar Meter weiter kommen schon die nächsten Highlights aus engen Spitzkehren und Stufen. Mein Dämpfer scheint etwas kürzer geworden zu sein und mir gelingt ein enger Zickzack mit Stufe, aber nur indem ich bewusst 2x das Vorderrad gegen Steine steuere, um Speed abzubauen.
Der Boden ist noch immer gefroren, und zwar kompakt, aber um nichts griffiger. Unser Weg schlängelt sich, mehr oder weniger im S4-Bereich, felsig durch den Wald und bleibt für unsere Statistik fehlerfrei, bis die Stahlseilsicherungen beginnen. Auch Werner beginnt freudig zu realisieren, dass dieser Weg kein klassischer Bikeparktrail ist, sondern abgesehen von den grünen, roten und gelben Jungs in Motocrossoutfit in der Gondel über uns, relativ alpinen und sogar teils relativ ausgesetzten Charakter besitzt. So, weiter bis zu einem äußerst steilen Wegabschnitt, der in einer 90° Kehre rechts und sofort einer Spitzkehre links endet. Ich verwerfe sogleich sämtliche Hoffnungen auf Gripp, finde aber eine perfekte Position zum Spotten. Als erstes schießt Werner in meine Arme, dicht gefolgt von Claude, der auch nicht wesentlich mehr Geschwindigkeit abbauen konnte.
Auch Birgit versucht ihr Glück, und probiert gesichert zentimeterweise stehen zu bleiben, was ihr aber ohne meine Sicherung nicht gelingt. Wir vermerken in unserer Statistik: 2 No-Stellen, wobei die 2. uns nach unseren Gripp-Erfahrungen zumindest bei ähnlichen Bodenbedingungen kaum fahrbar erscheint. Es geht etwas weiter, bis wir zu einer ähnlichen, etwas steileren Stelle gelangen, auf die wir aufgrund der Erfolge der oberen Stelle verzichten. Der Mittelteil bietet einige interessante Stellen, beinhaltet aber auch die meisten wirklich gemeinen Stellen. Wie auch eine steile Spitzkehre, die eine Felswand dem Hinterrad in den Weg stellt und von uns mit “könnte vielleicht irgendwie fahrbar sein” bewertet wird. Die 2. ähnliche Stelle mit Stufe vor der Kehre gelingt uns jedoch schlussendlich.
Der Weg bleibt ständig interessant, schlängelt sich eng und steil nach unten, einer Passage, wo man 2m über Felsvorsprünge nach unten steigt und die in einer 90° Linkskehre endet, geben wir ein “minimal fahrbar”, sowie einem weiteren Felsenzickzack bezüglich der 2. Kehre ein “eventuell irgendwie möglich”.
Claude schießt währenddessen ein paar Fotos, ist von der Aussicht nach Bozen begeistert und wir erreichen nach sicher 3h erst wieder den Parkplatz. Wir haben schlussendlich bei 7-8 Stellen w. o. gegeben, halten davon aber lediglich die Hälfte für potentiell zumindest irgendwie machbar, der Rest scheint wirklich sehr schwer vorstellbar.
Es ist erst halb zwei, Bernd (der uns mit seinem feinen Humor die beiden Tage sehr gut unterhalten hat) und Werner machen sich auf zum Nachmittagsgipfel. Birgit, Claude und ich hingegen fahren schon heim, es ist schließlich Osterrückreiseverkehr und Birgit möchte unbedingt wieder einmal die Gelegenheit nutzen, ihre zerschundene Heckstoßstange von einer unaufmerksamen auffahrenden Lenkerin ersetzen zu lassen.