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Kopf in die Wolken…nicht in den Sand

Nach unserem Schlechtwetter-Reinfall am Gardasee wollten wir im Herbst halbwegs auf Nummer sicher gehen.
Der Vinschgau wirbt mit starken 300 Sonnentagen pro Jahr. Auch wenn dies in 2014 nicht wirklich hinkam, versprach das Wetter dort zu halten.  So quartierten wir uns in einem Bauernhof im Martelltal auf ~1.400 m ein – umgeben von einigen gut erreichbaren 3000ern.

Kaum angekommen, starteten wir noch am späten Nachmittag zu einer kleinen Tour und trugen unsere Bikes schnell ~700 Hm den Hang gegenüber der Ferienwohnung hoch. Das ging ja gut los, uns erwartete ein wunderbar flowiger Trail, alle paar Meter gespickt mit engen Serpentinen und anderen technischen Leckerbissen.

Da sich das Wetter für die nächsten Tage eintrüben sollte, wollten wir gleich am ersten Tag aufs Ganze gehen und uns den höchsten Gipfel aus unserem Plan vornehmen. Der Himmel war zwar etwas wolkenverhangen, aber die Wettervorhersage gut und die Sonne schien. So machten wir uns schon früh am Morgen auf Richtung Gipfel.
Die Hm purzelten, wir stiegen schnell auf. Jedoch zog der Himmel, je höher wir kamen immer weiter zu. Die Sicht wurde immer schlechter, ab und zu regnete es nun auch. Ca. 250 Hm vor dem Gipfel war dann schließlich Schluss. Wir standen im dichten Dunst, konnten im weglosen Gelände weder die nächste Wegmarkierung noch den weiteren Verlauf erkennen. Auch nach einer Pause war keine Besserung in Sicht, zudem begann es nun wieder zu regnen.
Die Entscheidung war einfach: Den Weg zum Gipfel – und im worst case auch zurück – finden wir eh nicht. Selbst wenn wir oben sind sehen wir nichts … also Abfahrt. Manchmal macht es aus verschiedenen Gründen einfach keinen Sinn weiter zu gehen.

Die Abfahrt war sehr abwechslungsreich – nicht zu leicht, nicht zu schwer – man musste ständig schauen wo man entlang fährt, konnte es aber gut laufen lassen. 15 min später zeigte sich dann auch wieder die Sonne. Dies war im ersten Moment etwas ärgerlich, nach einem Blick nach oben gings aber mit einem dicken Grinsen weiter bergab … unser Gipfel hing immer noch großzügig in dunklen Wolken. Somit genossen wir die restliche Abfahrt in der Nachmittagssonne und später den Cappuccino an der Hütte im Tal.

Am Folgetag hing die Wolkendecke früh morgens schon bei ~2.000 m, so dass wir uns für einen Serpentinenklassiker unten im Val Venosta entschieden.

…danach zum Entspannen Espresso am Stausee…

Für Mittwoch planten wir auf Grund des anhaltend trüben Wetters kurzfristig um und nahmen uns eine Tour vor, die eigentlich eher unter der Rubrik “könnte eventuell interessant sein” lief. Wir ahnten noch nicht, dass diese Tour unser eigentliches Highlight wurde. Der Vorteil dieser Tour war aus unserer Sicht: Wir konnten uns Etappenweise vorarbeiten und würden bei erneuten “schlechten” Wetter nichts verpassen da die Wege zwischen den Etappen die eigentlichen Schmankerl seien sollten.

Der Aufstieg verlief steil durch den Wald und später in eng gedrängten Serpentinen durch ein Couloir zur oberen Almhütte – dieser Abschnitt schien bergab schon mal sehr interessant zu werden.

An der oberen Alm angekommen wurden wir mit einem lauten, herzlichen Lachen empfangen. Vor der Hütte stand ein älterer Mann von gemütlicher Statur, mit halb aufgeknöpftem Hemd, gerötetem Kopf und schwenkte lachend ein halb volles Weinglas hin und her. Er konnte es nicht fassen, dass wir unserer Bikes hier hochgetragen haben und meinte wir seien die Ersten die er hier gesehen hat. Um eine Hüttenführung und ein Foto zusammen mit seiner Frau kamen wir nicht herum. Er hätte uns am liebsten da behalten und mit uns seinen Vorrat alkoholischer Getränke geteilt (O-Ton: Aber wenn ihr Sekt wollt, müsst ihr Bescheid sagen, dann stell ich den noch kalt. :D). Nett gemeint, aber den Weg ab der Alm fahren wir lieber ohne Alkohol im Blut, der war zu Fuß schon lustig genug.

Weiter gings zum nächsten Etappenziel, ein kleiner vorgelagerter Gipfel oberhalb eines Sees … dort dasselbe Spiel wie die Tage zuvor. Knapp oberhalb des Sees hing eine dunkle Wolkenschicht. Wir beschlossen mit einer ausgedehnten Pause am See den Aufstieg zu beenden. Zwischendurch kam die Sonne durch ein kleines Loch in der Wolkendecke durch und tauchte den See in eine surreale Athmosphäre. Also scheuchte ich Conny auf sein Rad um in diesem Licht noch ein paar Fotos zu machen.

Kurz danach zog es wieder zu und wir machen uns an die Abfahrt. Zurück zur Alm ging es im steilen, teils verblockten Schutt, recht flott voran. An der Alm verabschiedeten wir uns noch kurz. Als Antwort bekamen wir: „So wie ihr gebaut seid, schafft ihr das schon nach unten!“ Und das sagt jemand, der jeden Winter den Weg zwischen den Almen spurt und freihält. Den beiden gebührt eigentlich unser Respekt.

Weiter gings, wie schon vermutet war das Couloir super spaßig – enge, teils verblockte Serpentinen. Je tiefer wir kamen, desto nasser und rutschiger wurde es, was die ganze Sache zusätzlich noch interessanter machte. Weiter unten im Wald wurde der Weg wieder flüssiger, aber immernoch sehr spaßig. Als Gesamtpaket war dies die abwechslungsreichste Tour, mit den tollsten Landschaftseindrücken. Bei besseren Wetterbedingungen hätte man sie noch um einen weiteren See und schließlich auch Gipfel erweitern können.

Am nächsten Morgen hingen schon vor dem Fenster unserer Ferienwohnung dichte Wolken. Die Webcams unten im Tal sahen ganz ähnlich aus. Im Nachbartal zeigten sie jedoch ab ~2.700 m blauen Himmel und Sonnenschein. In der Hoffnung auch im Martelltal hoch oben über den Wolken zu stehen, nahmen wir uns dort noch einen Gipfel vor. Aber auch hier mussten wir leider die Segel streichen. Der Endanstieg hing komplett in den Wolken, wir konnten dem Pfad im ausgetretenen Schutt zwar leicht folgen, als es dann jedoch zusätzlich zu regnen begann und uns ein kalter Wind entgegen wehte, brachen wir nach ein paar Minuten auch hier ab. Schade, es sollte nicht sein.

Die Abfahrt lohnte sich dagegen wieder. Oben noch im steilen Schutt surfen, weiter unten Rumpelflow gespickt mit einigen verblockten Abschnitten.

Fazit: Das Vinschgau hat abseits der gängigen Trails viel mehr zu bieten. Alle unsere Touren sind für uns, trotz ausgebliebenen Gipfelglücks, ein voller Erfolg gewesen. Die Freundlichkeit der Menschen war überwältigend. Würden nicht so viele andere Dinge auf der To Do Liste stehen, ich würde sobald möglich nochmal hinfahren.

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