Es war einmal vor einer geraumen Zeit,
da brachen zwei Pioniere auf,
um die andere Seite dieser Welt zu erkunden.
Und sie „brachen“ auch ihre Fahrräder, die sie mit sich nahmen.
Zwei Räder aus einer Zeit,
als man noch klappte und nicht faltete.
Als ein Gang reichte und nicht drei.
Als noch Stahl das Maß der Dinge war.
Pioniere auf Klapprädern um Neuseeland.
Gescheitert.
Die besten Ideen fangen immer mit Schnaps an. Und die aller besten mit Kräuterschnaps. Aber wo ein Anfang ist, da ist auch ein langer Weg. Lange Wege müssen befahren werden. Wenn Kräuterschnaps die Zündkerze ist, dann ist es vermutlich ein guter Whiskey, der den Motor am laufen hält. Von außen betrachtet würde ein Beobachter vermutlich sagen: Lev und Jan, die haben sich über das Fahrrad kennen gelernt. Damit hätte er auch nicht ganz unrecht. Genauer: Jan, ein Klappradfahrer aus Überzeugung, trifft auf Lev, Mountainbiker durch und durch, Fixed Gear Fahrer aus Leidenschaft. Nach genauer Inspektion von Lev`s Fixied Gear beschließt Jan, dass sein Klapprad in die wohlverdiente Rente gehen darf. Es ist nicht das Fixie als Fahrrad was überzeugt. Es ist vielmehr die philosophische Idee, eine Einheit mit der Maschine zu bilden. Die direkte Mensch-Maschine-Verbindung. Man funktioniert zusammen. Wie in einer Symbiose. Dieser Zustand ist selten auf dieser Welt. Funktionieren doch die meisten Maschinen nach dem Leerlauf-Prinzip. Man kann immer aufhören zu treten. Mensch und Maschine – zwei funktional-hierarchisch getrennte Kreisläufe. Oder auch Herrschaft-Knechtschaft-Prinzip genannt. Das Fixie enthebelt radikal das Grundgesetz, nachdem Maschinen die Knechte der Menschen sind. Der Mensch wird zum Knecht seiner Maschine, falls er sich dem fremden Rhythmus nicht anpasst, ihn verinnerlicht und mitschwingt.
Kurzum, Jan wollte auch ein Fixie! Und Lev wollte es bauen. Aber wäre der Kräuterschnaps nicht gewesen, wäre es vermutlich bei dem Fahrrad geblieben. Nach ein durchzechten Nacht war die Idee geboren, man könnte sich ja auch ab und zu auf einen Whiskey treffen.
Nach dem zweiten Kräuterschnaps entstand der Film „All I Need“, den wir bereits auf trailhunter gezeigt haben:
Nach dem dritten Kräuterschnaps wurde der Wehrsteg in Heidelberg zur Bade-Boulder-Anlage mit Big-Swing ins Wasser umfunktioniert.
Nach dem vierten Kräuterschnaps kannte Lev einige Leute in Hamburg, musste dafür aber auch eine Nacht auf dem Fußabtreter vor einer Haustür schlafen. 8 Stunden. Weil die Person in der Wohnung den Trunkenheitsschlaf derart perfektioniert hat, dass selbst 8 Stunden klingeln nichts daran hätten ändern können.
Nach dem fünften Kräuterschnaps war klar: Wir fahren nach Neuseeland. Mit jeder Menge Whiskey nahm dieser Plan Gestalt an. Man könnte diese Gestalt auch auf die Aussage reduzieren: „Es gibt keinen Plan! Das ist der Plan“. Das änderte sich mit dem sechsten Kräuterschnaps zwei Wochen vor geplanter Abreise:
Jan: Lev, erinnerst du dich noch daran, dass ich eigentlich leidenschaftlicher Klappi-Fahrer bin.
Lev: Du meinst die alten 70er Jahre Stahlteile mit einem Gang.
Jan: Ja.
Lev: Und?
Jan: Naja, du hast mich in die Welt der Fixies eingeführt. Ich denke es ist an der Zeit, dass ich dich in die Welt der Klappis einführe. Entschleunigung, Digga! Chillen auf zwei Rädern…
Lev: Wir sind doch nur noch zwei Wochen hier.
Jan: Ja eben. Wollen wir Pioniere sein? Jeder schafft Neuseeland auf einem Tourenfahrrad und überflüssig vielen Gängen. Aber mit einem SSP Klappi um Neuseeland, alter! Und das ganze filmen. Wie geil wäre das?
Lev: OK!
Zwei Wochen später waren zwei Klappis fertig. Ein grünes und ein rotes. Mit den geilsten Felgen, die die Klapprad-Welt jemals gesehen hat. Was für eine herrliche Schnapsidee. Ein Flasche Whiskey ist nicht genug, um das durchzuhalten!
Zwei Pioniere mit Klappis im Gepäck haben sich kurze Zeit später auf die Reise begeben. Sie führte zuerst nach Dubai. Natürlich sollte Dubai auf dem Klappi entdeckt werden. Gegen Hitze, Sand und hohe Bordsteinkanten kämpften wir uns durch diesen klimatisierten urbanen Dschungel. Eine Stadt von Autos für Autos. Auch wenn wir es zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen konnten, an Dubai scheiterte viel.
Der Plan Dubai komplett auf dem Rad zu erkunden scheiterte bereits daran, dass es keine Möglichkeit gibt, ohne Auto den Flughafen zu verlassen und in der U-Bahn Räder nicht erlaubt sind. Also haben wir ein Taxi genommen. Mit Klappis im Gepäck. Die haben bescheuert geguckt. (In Dubai gilt man als armer Schlucker, wenn man ein Fahrrad hat. Also nicht als Rebell. Nicht als Öko. Nicht als sonst irgendetwas! Sondern als „armer Obdachloser“.)
Beinah scheiterte auch Lev`s Ausreise. Wir hatten nur ein One-Way Ticket nach Neuseeland (ein entsprechendes Visum, dass uns diese Möglichkeit einräumt, hatten wir beantragt und bekommen). Als Begründung wurde angeführt, dass Lev Russe sei! Man muss dazu wissen, dass die Jungs aus Dubai und die Mädels aus Russland nicht so ganz grün miteinander sind. Nach einem Gespräch mit dem neuseeländischen Außenamt konnte wir dann doch weiter fliegen. In Neuseeland stellte sich heraus, dass Lev ganz einfach seine Passnummer bei der Beantragung des Visums falsch angegeben hatte. Zahlendreher am Ende. Ich hoffe, dass Lev das nicht wieder passiert, wenn er erst einmal irgendwelche Windanlagen in Timbuktu baut. Aber vielleicht gehört ein Zahlendreher bei Ingenieuren zum guten Ton.
Und schließlich: Dubai`s Klimaanlagen haben Jan nachhaltig dahingerafft. Erst einmal in Neuseeland angekommen, machte sich auch schon das Fiber breit. Am ersten Tag schafften wir 70 Kilometer auf den Klappis. Dann sagte Jan`s Organismus ganz laut: Stop! Lev sagte: Jan du Weichei! Jan sagte: … erst einmal gar nichts mehr.
Aber was an Dubai vor allem scheiterte, waren unsere Klappis. Der Sand, die Hitze und insbesondere die Bordsteinkanten, die wir mit unseren Klappis natürlich gnadenlos angegangen sind (so ein Klappi wiegt 14 kg), strapazierten die Stahlrahmen nachhaltig – das ist zumindest unsere Theorie.
Nach drei Monaten in Neuseeland brachen unsere treuen Weggefährten einfach zusammen. Ok, Jan`s Klappi brach. Lev hat sein Klappi im Downhill-Park in Queenstown zerstört! Die anderen Biker haben ziemlich doof aus der Wäsche geschaut, als so ein blonder Riese auf einem 20 Zoll Fahrrad aus der Steinzeit an ihren Mega-Maschinen vorbei ballerte. Die gaffen wahrscheinlich heute noch… zumindest haben sie sich davon nie wieder erholt. Sein Klappi auch nicht. Wir schon.
Zwei kaputte Räder hinderten uns nicht daran, weiter zu machen. Wir kauften ein Auto. Aber auch das ging kaputt. Wir kauften Surfbretter, aber auch die gingen kaputt. Wir fuhren weiter per Anhalter: Das brachte uns einen neuen Weggefährten: Jay. Entfernter Bekannter aus Hamburg. Eigentlich sollte Jan und Jay sich kennen. Zumindest belegen das Fotos von irgendwelchen Exzessen aus der Vergangenheit. Aber die beiden konnten sich partout nicht daran erinnern – Schnaps!
Und die ganze Zeit begleitete uns die Kamera. Die ist nicht kaputt gegangen. Und die Aufnahmen waren das Fundament für ein schönes Video über die Reise. Seht also selbst, wie die Geschichte weitergeht:
Die Klappis existieren im übrigen noch heute. Wir haben die Einzelteile teuer nach Hause geschickt und ihnen nach unserem Trip – der uns noch nach Australien und Bali führte – ein neues Gesicht verliehen.
Seither fährt Lev täglich Klappi und klappt es im Zug zusammen. Und es ist schon verdammt lange her, dass wir das letzte mal einen Schnaps getrunken haben. Es ist wieder an der Zeit!